Thorakale und thorakoabdominelle  Aortenerkrankungen

 

Ausweitungen der Brustschlagader (thorakale Aneurysmen, TAA) sowie der Brust und Bauchschlagader (thorakoabominelle Aneurysmen, TAAA) stellen ein in der Regel asymptomatisches – keine Beschwerden verursachendes – Krankheitsbild dar. Ab einer Größe von mehr als 6 Zentimeter im größten Durchmesser besteht jedoch eine lebensbedrohliche Gefährdung durch das Platzen der Aorta. Die Häufigkeit thorakaler und thorakoabdomineller Aortenaneurysmen ist in keinen systematischen Screenings untersucht worden. Die Häufigkeit geplatzter sowie symptomatischer TAAs/TAAAs kann über Krankenhausstatistiken abgeschätzt werden, sofern der Patient das Krankenhaus lebend erreicht, da die geschätzte Sterberate vor Erreichen des Krankenhauses mehr als 50 Prozent beträgt. Aufgrund der diagnostizierten TAA und TAAA bei Patienten im Krankenhaus muss man von Auftreten von 0.5 bis 1 Prozent in der > 65 jährigen Bevölkerung ausgehen. Weiteres ist für die nächsten Jahre mit einer Zunahme der Erkrankung zu rechnen, da die Krankheit begünstigende Risikofaktoren wie Rauchen, Bluthochdruck und hohes Lebensalter weiter zunehmen.

 

In einer schwedischen Längsschnittuntersuchung konnte gezeigt werden, dass die kombinierte Inzidenz aus Aortendissektionen und TAAs zwischen 1978 und 2002 bei Männern von 10,7 auf 16,3/100.000/Jahr und bei Frauen von 7,1 auf 9,1/100.000/Jahr zugenommen hat. Auch beim TAA und TAAA als degenerative Gefäßerkrankung zeigte sich ein signifikanter Zusammenhang mit zunehmendem Lebensalter.

 

Wenn ein TAA oder TAAA bei einer CT oder Herzultraschalluntersuchung zufällig festgestellt wird, ist es sinnvoll einen Gefäß- oder Herzchirurgen aufzusuchen.  Ab einem Durchmesser von 6 Zentimeter oder mehr ist die operative Sanierung anzustreben, da der natürliche Verlauf der Erkrankung nur mit Optimierung der Risikofaktoren bei Weitem gefährlicher ist als die operative Therapie.

 

Es gibt drei Behandlungsmethoden für TAA und TAAA. Die endovasculäre Therapie mittels Stentgraft, die klassische chirurgische Therapie bei der die erkrankte Aorta überbrückt wird, und die Hybridtherapie, bei der eine Kombination von chirurgischen und endovaskulären Techniken angewandt wird. Abhängig von allgemeinem Gesundheitszustand, Alter und Vorerkrankungen sowie anatomischen Gegebenheiten der Aorta muss bei jedem Patienten individuell über die entsprechende Behandlung entschieden werden.

Periphere Durchblutungsstörungen

 

Periphere Arterielle Verschlusskrankheit  und Diabetes mellitus mit peripherenvaskulären Komplikationen

 

Im Allgemeinen geht man von einer Peripheren Arteriellen Verschlusskrankheit (PAVK) aus, wenn der arterielle Verschlussdruck in der Doppler-Druck-Messung ein Knöchel-Arm-Index (Ankle-Brachial-Index bzw. ABI) <0,9 vorliegt. Ein reduzierter ABI zeigt das Vorliegen einer manifesten Atherosklerose an, muss jedoch im Alltag keine Beeinträchtigung darstellen.

 

Die klinische Beschwerden und damit verbunden die relative Behandlungsbedürftigkeit der PAVK wird in den 5 Stadien nach Fontaine eingeteilt:

 

  • Stadium I: vorliegen einer Atherosklerose mit Gefäßveränderung, jedoch uneingeschränkte Gehstrecke;
  • Stadium IIa: Gehstrecke über 200 m
  • Stadium IIb: Gehstrecke unter 200 m
  • Stadium III: Ruheschmerz verursacht durch Minderdurchblutung
  • Stadium IV: Gewebeuntergang (Gangrän) infolge von Minderdurchblutung

 

Ab Stadium III spricht man von einer kritischen Extremitätenischämie, das heißt, es droht der Verlust des Beines/Armes, wenn keine rekonstruktive Behandlung (Aufdehnung oder OP) durchgeführt wird.

 

Die Häufigkeit der PAVK wurde in vielen epidemiologischen Studien untersucht, aufgrund einer ähnlichen Bevölkerungsstruktur ist German epidemiological trial on Ankle Brachial Index (get-ABI-Studie) für österreichische Verhältnisse am repräsentativsten. Bei 18% aller Patienten konnte eine asymptomatische oder eine symptomatische PAVK diagnostiziert werden, die Häufigkeit des Auftretens zeigte einem kontinuierlichen altersabhängigen Anstieg.

 

Das Auftreten der Claudicatio intermittens (Schaufensterkrankheit, PAVK IIa und IIb) steigt von 3% ab dem 40. Lebensjahr auf >6% ab dem 60. Lebensjahr. In jüngeren Altersgruppen ist die Claudicatio bei Männern häufiger, in den höheren Altersstufen bestehen kaum noch geschlechtsspezifische Unterschiede. Ca. 25% aller Patienten mit Claudicatio intermittens zeigen einen progredienten Krankheitsverlauf mit invasivem Behandlungsbedarf (Aufdehnung oder Operation) in etwa 5% und einem Amputationsrisiko von 1-2% innerhalb von 5 Jahren. Die Häufigkeit der kritischen Extremitätenischämie (Stadium III und IV nach Fontaine) liegt nach Angaben einer transatlantischen Expertengruppe bei 0,5-1% der Gesamtbevölkerung was für Österreich eine geschätzte Anzahl von 4.000-8.000 Krankheitsfällen/Jahr bedeuten würde, aktuelle Daten liegen allerdings nicht vor.

 

Ein besonderes Problem ist die Zunahme des Diabetes in der Bevölkerung. Derzeit leiden ca 7% der Bevölkerung an Diabetes. Die Anzahl der Neuerkrankungen nimmt dabei mit steigendem Alter zu, in der Altersgruppe der über 60-jährigen liegt der Anteil Diabeteskranker bei 18-28 %. Parallel dazu sinkt das Manifestationsalter betroffener Typ-2-Diabetiker stetig. In Deutschland ist der Typ-2-Diabetes mit rund 11% die vierthäufigste Diagnose der Hausarzt-Internisten und mit rund 8% die fünfthäufigste Diagnose aller Allgemeinärzte . Aktuelle Schätzungen der WHO gehen davon aus, dass sich die Zahl der an Diabetes Erkrankten bis zum Jahr 2025 verdoppeln wird. Die bedeutsamsten unerwünschten Konsequenzen diabetischer Fußprobleme sind Ulzerationen, Amputationen und die diabetischen Neuro-Arthropathie. Die Prävalenz des Fußulkus beträgt in der diabetischen Bevölkerung in verschiedenen Ländern zwischen 2 und 10 %. Eine entsprechende jährliche Inzidenz von 2 bis 6 % wurde berichtet. In Deutschland werden ca. 70 % aller Amputationen bei Diabetikern durchgeführt.

 

Das Fundament der Behandlung von Patienten mit PAVK ist ein optimales Risikomanagement (Nein zur Zigarette, Blutdruckeinstellung, Blutfettsenkende Medikamente, optimale Einstellung des Blutzuckerspiegels, ausgewogene Ernährung und mehr Bewegung). Bei Patienten im Stadium IIa und IIb ist es zunächst wichtig die Möglichkeiten der konservativen Therapie in Sinne des Risikomanagements auszuschöpfen. Falls die Verbesserung der Gehstrecke nach 3-6 Monaten nicht stattfindet ist ein weiteres invasives Vorgehen (Aufdehnung oder OP) mit dem Patienten mit allen Vor- und Nachteilen abzusprechen.

 

Patienten im Stadium III und IV sollten so früh wie möglich einer invasiven Therapie zu Beinerhalt zugeführt werden. Da Patienten mit kritischer Extremitätenischämie in der Regel viele Begleiterkrankungen aufweisen, gilt es natürlich die schonendste und zugleich erfolgversprechendste Maßnahme nach Optimierung der internistischen Erkrankungen anzuwenden. Als Behandlungsmethoden stehen Aufdehnung mit oder ohne Stentunterstützung, Lyse (Auflösung von Blutgerinnsel durch Medikament) und verschiedene chirurgische Verfahren von Ausschälung einer Einengung oder eines Verschlusses zu Bypassverfahren und einer Kombination aus diesen Verfahren zur Auswahl.